Darum Tragen!
Tragen von Babys und Kleinkindern ist die ursprünglichste Beförderungsmethode. Quellen zeigen, dass schon Hochkulturen wie die Ägypter oder die Mayas ihre Kinder im Tuch oder in Tragegestellen getragen haben. Es war die einfachste Möglichkeit, die Kinder immer mit dabei zu haben und um schnell mit ihnen von a nach b zu kommen. In allen Kulturkreisen wurde der Nachwuchs getragen und bei 2/3 der Weltbevölkerung ist dies auch heute noch der Fall.
Dabei sind die Techniken so verschieden, wie sie nur sein könnten. Sei es mit Stoffstücken, in Tierfellen oder einem Tragegurt um nur mal ein paar zu nennen.
Tragen ist ein Grundbedürfnis des menschlichen Säuglings. Genauso wie Nahrung und Schlaf ist die Nähe zu seinen Eltern oder einer Kontaktperson ein Grundbedürfnis, das befriedigt werden muss. Wie kann man es besser stillen, als sein Kind zu Tragen? Fehlt es nur an einem dieser 3 Grundbedürfnisse Schlaf, Nahrung oder Nähe stirbt der Säugling. Dies wissen wir leider aus Versuchen aus der Vergangenheit von u.a. dem Ursprachen Experiment von Friedrich dem Großen.
Daraus ergibt sich auch, dass ein Verwöhnen nicht möglich ist!
Es ist stillen der elementarsten Bedürfnisse.
Nimmt man einen auf dem Rücken liegenden Säugling hoch, zieht er seine Beine sofort in stark angehockter und abgespreizter Haltung an. Er erwartet getragen zu werden. Der menschliche Säugling ist mit seinen anatomischen Gegebenheiten perfekt darauf abgestimmt.
Er kommt unreif, als physiologische Frühgeburt auf die Welt und "reift" dann am Körper des Tragenden. Den Begriff der physiologischen Frühgeburt wurde von dem Schweizer Biologe Adolf Portmann geprägt. Es bedürfte einer Schwangerschaft von 21 Monaten, damit das Kind bei der Geburt den Entwicklungsstand eines höheren Säugetieres bei dessen Geburt hat.
Die Hüfte des menschlichen Säuglings ist nach der Geburt noch unreif und sehr weich. Die entspannte Haltung der Beine eines Neugeborenen ist in etwa die, den auf der Hüfte getragene oder im Tragetuch gebundene Kinder zeigen. Diese Beinstellung nennt sich Anhock-Spreiz-Haltung. In diesem Winkel haben Oberschenkelkopf und Hüftpfanne die bestmögliche Stellung zueinander um optimal nachreifen zu können.
Genau diese Anhock-Spreiz-Haltung gilt es mit dem gut gebundenen Tragetuch oder der optimalen Tragehilfe zu erhalten und zu unterstützen.
Der Rücken des Säuglings befindet sich direkt nach der Geburt in der Totalkyphose, d.h. er hat eine Buckelung nach hinten, einen Rundrücken. Dieser wird im Tragetuch nicht in eine unphysiologische Haltung gezwungen, sondern mit dem Tragetuch unterstützt. Durch alle 3 Entwicklungsstadien der Wirbelsäule hindurch, der Halslordose, wobei die Halswirbelsäule gestreckt wird ( Kopfkontrolle); der Brustkyphose, Streckung der Brustwirbelsäule (frei sitzen); und der Lendenlordose, Streckung der lendenwirbelsäule ( frei gehen), bietet das Tragen im Tragetuch eine altersgerechte Rumpfhaltung. Es passt sich der jeweils entwicklungsbedingten Körperhaltung an.
Der menschliche Säugling ist weder Nestflüchter noch Nesthocker. Er wurde zwar lange Zeit als Nesthocker angesehen aber dies stimmte nicht. Man merkte erst vor einigen Jahren, dass diese Einteilung unvollständig ist. Beuteltiere, Fledermäuse, Affen und der Mensch konnten nicht in die Kategorie Nestflüchter oder Nesthocker eingeteilt werden. Erst 1970 begründete der Biologe Bernhard Hassenstein den Jungentypus Tragling. Damit war auch der Mensch als Tragling definiert. Traglinge sind darauf angewiesen, von der Mutter getragen zu werden.
Der Begriff des Traglings setzt sich aber erst jetzt, über 40 Jahre später durch und taucht nun auch in Medien oder Literatur auf.